Die Presse, 28. August 2010

Überschwang in strengen Bahnen

Gustav-Mahler-Jugendorchester mit Brahms und Hindemith

GIücklich fallen sie einander nach dem Konzert um den Hals: Die aus 26 Ländern stammenden Mitglieder des Gustav-Mahler-Jugendorchesters, dieser wunderbaren Kaderschmiede, empfinden ihren Beruf noch als Berufung - und ihre jugendliche Begeisterung überträgt sich aufs Publikum. Auch wenn der 1927 geborene, unvermindert agile Herbert Blomstedt den Überschwang in die rechten Bahnen lenkt und zu nüchternem Maßhalten drängt, somit bei Brahms und Hindemith deren klassizistische Haltung betont.

Die bejubelte Hilary Hahn passte da als Solistin von Brahms' Violinkonzert doppelt gut ins Konzept - weil die 31-Jährige selbst nicht älter wirkt als ihre Orchesterkollegen, und weil sie sich mit glasklaren Tönen als Prima inter pares auch dort uneitel ins symphonische Geschehen eingliederte, wo viele bedeutende Geiger auf größere agogische Freiheiten pochen und damit wohl auch stärkeres individuelles Profil erzielen.

Plastisch und prägnant, mit klaren, aber nie harten Konturen der mächtigen Tutti-Stellen und präziser Feinzeichnung erklang Hindemiths "Mathis"-Symphonie. In Hindemiths erweiterter Tonalität spinnt sich vom mystischen Engelkonzert über den Trauermarsch der Grablegung und das Pandämonium der Versuchung des heiligen Antonius bis zum abschließenden Alleluja ein leuchtender Bilder-bogen, der seine Wirkung auch diesmal nicht verfehlte.

Heute, Samstag, spielt das GMJO unter Blomstedt beim Carinthischen Sommer erneut die "Mathis"-Symphonie, morgen in Grafenegg Mahlers "Gesellen"-Lieder mit Christian Gerhaher, jeweils gefolgt von Bruckners Neunter Symphonie.

wawe